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Retouren verpacken

Retouren im E-Commerce & Handlungsempfehlungen für Händler

Gastbeitrag von Sybille Schäftner, Online-Redakteurin bei real.digital

Es ist aktuell wie nie: Retouren im E-Commerce nehmen immer weiter zu und Unternehmen werden verstärkt für ihren Umgang mit zurückgeschickter Ware kritisiert. Doch wie hoch ist die Anzahl der Bestellungen, die retourniert werden, wirklich und wie können Händler bereits im Vorfeld Rücksendungen weitestgehend reduzieren? Mit einem kurzen Umriss der aktuellen Situation steigen wir in das Thema ein und geben daraufhin hilfreiche Tipps für Händler.


So hoch fallen die Retouren im E-Commerce wirklich aus

Laut einer Verbraucherbefragung von Dr. Björn Asdecker (Dozent an der Universität Bamberg) beläuft sich die Schätzung der jährlichen Retourenmenge innerhalb Deutschlands auf etwa 286 Millionen Bestellungen. In den Bereichen Medien/Bücher, Fashion und Unterhaltungselektronik werden die meisten Produkte zurückgeschickt.


Wichtiger Zusammenhang: Wie wurde das Produkt bezahlt?

Neben der Produktart richtet sich die Anzahl an Rücksendungen allerdings auch nach der verwendeten Zahlungsart im Rahmen der Bestellung: Insbesondere im Fashionbereich bezahlen Kunden bevorzugt per Rechnung, damit die Ware bequem zuhause anprobiert und im Zweifelsfall zurückgeschickt werden kann. Mit der zweithöchsten Retourenquote sind Käufe verbunden, die über E-Payment-Methoden wie PayPal bezahlt wurden. Schlusslicht bilden Vorkasse-Bezahlungen, bei denen anzunehmen ist, dass die Ware mit der Absicht bestellt wird, sie auch wirklich zu behalten.

Macht es einen Unterschied, ob Männer oder Frauen bestellen?

Senden Frauen häufiger Artikel zurück als Männer? Die Antwort laut bereits erwähnter Studie lautet: „Ja, aber nicht in allen Bereichen“. Im Gesamten lassen sich sogar kaum Unterschiede feststellen, nur im Fashion-Bereich senden Frauen ihre bestellte Ware knapp zehn Prozent häufiger zurück als Männer.

Die meisten Konsumenten retournieren ihre Ware laut einer Umfrage von Statista aus dem Jahr 2016, weil der Artikel nicht ihren Erwartungen entspricht: Hierunter fallen beispielsweise der Schnitt eines Kleidungsstücks oder andere optische Merkmale. Weitere Gründe für Rücksendungen sind Qualitätsmängel oder Abweichungen von der Produktbeschreibung. Danach folgen Retouren aufgrund von Mehrfachauswahl, beispielsweise wenn Kleidung in unterschiedlichen Größen bestellt wird.


Wohin mit den Retouren: Was passiert mit zurückgeschickter Ware?

Einige Unternehmen standen bereits in der Kritik wegen ihres Umgangs mit Retouren. So wurde beispielsweise Burberry in der Vergangenheit öffentlich stark attackiert, weil das Unternehmen im Jahr 2017 nicht-verkaufte Ware im Wert von 32 Millionen Euro verbrannt hatte. Inzwischen wurde darauf reagiert und versprochen, keine Produkte mehr zu vernichten.

Nichtsdestotrotz ist Burberry nicht das einzige Unternehmen, das so agiert: Die massenhafte Waren-Vernichtung im E-Commerce löste kürzlich eine politische Debatte aus. Die Grünen fordern eine Regulierung, die Online-Händlern verbietet, Retouren zu zerstören. Besser sei es, die entsprechende Ware zu spenden, beispielsweise an Sozialkaufhäuser.

Amazon wies als namhaftes Unternehmen jedoch trotz ihrer Spenden an gemeinnützige Organisationen darauf hin, dass es auf wirtschaftlicher Ebene keinen Sinn mache, retournierte Ware den jeweiligen Stellen zur Verfügung zu stellen. Grund dafür sei die Mehrwertsteuer, die auf den Wert der gespendeten Waren erhoben wird und vom entsprechenden Unternehmen getragen werden müsse. Eine Vernichtung von Waren ist im Gegenzug steuerfrei. Dementsprechend ist es nicht die alleinige Aufgabe von Online-Händlern, etwas zu verändern – auch die gesetzliche Grundlage bedarf einer Überarbeitung.

Durch die richtigen Maßnahmen die Retourenquote bereits im Vorfeld reduzieren: Handlungsempfehlungen für Online-Händler Am wirkungsvollsten in Anbetracht des entstehenden Schadens aus Umwelt-, aber auch materieller Sicht ist es, die Menge an Retouren möglichst im Vorfeld einzudämmen. Dies gelingt, indem Online-Händler die Gründe für das Zurückschicken der Ware analysieren und daraus Verbesserungsansätze ableiten. Mögliche Herangehensweisen sind die folgenden:

  1. Achten Sie auf fehlerfreie Produktbeschreibungen und hochqualitative Produktfotos.
    Kunden retournieren ihre bestellte Ware oftmals, weil das Produkt nicht ihren Erwartungen entspricht. Mit einer detailreichen Produktbeschreibung, die ausführlich Auskunft über die Funktionsweise, die Optik des Artikels und den Lieferumfang gibt, werden die Konsumenten seltener enttäuscht als bei Produkten, die über eine oberflächliche oder gar missverständliche Beschreibung verfügen. Wichtig ist vor allem, den Artikel durch die Produktbeschreibung realistisch darzustellen, da andernfalls eine zu hohe Erwartungshaltung begünstigt wird. Produktfotos, die aus verschiedenen Winkeln aufgenommen wurden und die Artikelbeschreibung gelungen veranschaulichen, komplettieren ein gelungenes Angebot.

  2. Legen Sie großen Wert auf einen zügigen Versand.
    Viele Kunden sind Spontankäufer oder benötigen bis zu einem bestimmten, in der nahen Zukunft liegenden Datum ein Produkt (beispielsweise als Geburtstagsgeschenk). Versenden Sie Ware zu spät, geht das Interesse des Käufers unter Umständen verloren und er schickt die Ware zurück.

  3. Achten Sie auf eine sichere Verpackung.
    Ein häufiger Retourengrund ist, dass das Produkt bereits beschädigt beim Kunden ankommt. Um dies zu vermeiden, sollte die Ware stets sicher verpackt werden – dies gilt vor allem für zerbrechliche Artikel.

  4. Lassen Sie Kundenbewertungen zu.
    Potenziellen Käufern helfen die Erfahrungen anderer Kunden weiter: Sie erhalten ein besseres Bild davon, was sie beim Kauf des Produkts genau erwartet. Negative Bewertungen können zwar dazu führen, dass ein Kauf gar nicht erst zustande kommt, eine Rückabwicklung geht für gewöhnlich jedoch mit einem erheblich höheren finanziellen Aufwand einher.
Abgesehen von diesen Vorschlägen wäre die wohl wirksamste Methode, die Kosten für das Retournieren von Artikeln auf den Käufer zu übertragen. Diese müssten dabei so hoch ausfallen, dass sich der Konsument vor dem Kauf ausgiebig Gedanken darüber macht, ob er den Artikel wirklich benötigt und behalten möchte. Unentschlossene Kaufinteressenten könnten dann den Gang in stationäre Läden bevorzugen, um sich dort ein genaues Bild von dem jeweiligen Produkt zu machen.

Unternehmen müssen die Übertragung von Retourenkosten an ihre Kunden allerdings gründlich auf ihre Wirkung überprüfen: Sind die Konsumenten mit der Ware nicht zufrieden und müssen dann auch noch die Kosten für die Rücksendung übernehmen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie nicht noch einmal dort bestellen und zur Konkurrenz wechseln.

Eines ist sicher: In Zeiten der steigenden Anzahl an Retouren und der immer stärker diskutierten Umweltsituation besteht in jedem Fall Handlungsbedarf – auf gesetzlicher Ebene und für jeden einzelnen Händler.
Über den Autor
Marie-Sophie Göbel
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